Volksjustiz
Gab es Fälle, in denen die Bevölkerung eines Dorfes oder Einzelpersonen selbst Justiz ausübten und eine als «Hexe» verdächtigte Frau brutal ermordeten? Die Frage ist berechtigt, denn aus den Verfahrensakten geht hervor, dass die grosse Mehrheit der Bewohnerinnen und Bewohner an Hexerei glaubten und in einigen Dörfern ganze Massenwahn ausbrachen. Verhaftungen durch dörfliche Obrigkeiten oder Privatpersonen kamen jedoch sehr selten vor, und die betreffende Person wurde danach jedes Mal den Behörden der Vogtei übergeben. Es ist kein einziger Fall einer Hinrichtung durch "Volksjustiz" oder Ermordung durch eine Meute überliefert, was von der Fähigkeit der Machthabenden zeugt, in der Bevölkerung den Respekt vor den Gerichtsbehörden durchzusetzen. Trotzdem haben Untertanen oder Vögte vereinzelt versucht, den Hofrat zum Eingreifen zu bewegen, indem sie auf die Gefahr eines Volksaufruhrs hinwiesen. In Tramelan hat sich die Lage einmal derart zugespitzt, dass es im Dorf fast zu einem Aufstand gekommen wäre (s. «Unruhen von Tramelan»).
Mehr zum Thema: Festnahme einer Ausländerin durch die Leute von Alle: B 168/19-29.1, S. 8-9; Begründung ihrer Freilassung durch die Obrigkeit: B 168/19-29.6.