Anklage
Als Voraussetzung für eine Verurteilung zum Tod auf dem Scheiterhaufen bedarf es einer Anklage. Jemand muss das Verfahren vorher auslösen, indem er oder sie die unglückliche Verdächtige der "Hexerei" bezichtigt. Oft handelt es sich dabei um Kollektivklagen im Namen einer Dorfgemeinschaft, die sich gegen eine oder mehrere Frauen richten, denen zahlreiche Untaten vorgeworfen werden. Die Mehrheit der Bevölkerung verlangt dann, dass die Justiz ihren Ort von diesem Übel "säubert". Seltener kommt es auch zu Einzelklagen: Ein Bauer beschuldigt beispielsweise seine Nachbarin, sein Vieh oder ein Familienmitglied getötet zu haben. Weitere Anklagen gehen von den Beschuldigten selbst aus, denn das Verfahren sieht vor, dass die Geständigen auch in Bezug auf ihre "Komplizinnen" befragt werden. Es versteht sich von selbst, dass diese "Geständnisse" unter Folter zustande kommen. Sofern keine anderweitigen Verdachtsmomente oder Beschuldigungen vorliegen, werden die in einem solchen Verhör bezichtigten Frauen in der Regel aber nicht von Amtes wegen verfolgt. Der Aktenvermerk bleibt jedoch bestehen und kann bei allfälligen späteren Verfahren als schwerwiegendes Indiz gewertet werden.
Mehr zum Thema: B 168/16-40.2, S. 3; B 168/14-3.1 (Die Verhaftung und Folter von Anna Metschin aus Pfeffingen erfolgte aufgrund einer Denunziation von Kungolt Stöcklerin, die jedoch vor ihrer Hinrichtung wiederrief); weitere Beispiele aus dem Erguel: PCrim E 128-5 ; PCrim E 141-3 und PCrim E 142